Heute der Tag fühlte sich wirklich besser an. Ich hatte das Gefühl, voll dazuzugehören. Da war keine Glaswand heute.
Aber das kann doch eigentlich nicht sein, dass ich an einem Tag die Glaswand spüre, am nächsten Tag wieder nicht. Irgendwas stimmt doch da nicht. Warum ist das nur so?
Wie ist es morgen?
Aber es tut gut zu spüren, dass Herr Müller, unser Vorgesetzter offenbar große Stücke auf mich hält.
Nur habe ich Sorge, von Schuhmacher abbestellt zu werden. Da war ja Freitag letzte Woche die Ansage im Büro vom Herr Müller, von wegen wir quatschen, rauchen...
Und Til ist das falsche Schwein, dass uns denunziert hat. Er ist beim Seniorchef petzen gegangen. Er ist der Vorarbeiter von der Nachbarabteilung.
Ob er für seine Aktionen Kopfgeld kassiert, oder was?
Und heute hatte er uns wieder auf dem Kieker.
Ich bin zwar jetzt ein Jahr bei Schuhmacher, aber ich befürchte, ich bin die erste die abbestellt wird, wenn der Senior genug von uns hat und anfängt auszusortieren.
Zitat:
Ich habe vor einiger Zeit mal einen Albtraum gehabt, wir wären alle abbestellt worden und sollten uns bei ProWork melden. Ich war richtig geknickt, stand zwischen den anderen aufgeregten Kolleginnen herum und brachte es nicht mehr fertig, meinen Stundenzettel von Herr Müller unterschreiben zu lassen. Gleich würde er weg sein und dann war es zu spät dazu.
Und dann bei ProWork angekommen, ich stand an der Empfangstheke, kam Hela angerauscht. Sie war zu einem anderen Leiharbeiter total lieb, bot ihm einen Kaffee an.
Und zu mir war sie dann richtig patzig. Als ich da entsetzt stand, fiel gerade ein kleines Mädchen schreiend zu Boden, es war auf dem Stuhl rumgeklettert. Und da schrie Hela mich auch noch an, warum ich nicht aufpassen könne. Ihre sonst so sanften hellbraunen Kulleraugen waren wie Giftpfeile.
Dann nahm sich meiner ein älterer Herr an, den ich nie zuvor bei ProWork gesehen hatte und Hela war spurlos verschwunden. Er redete wie ein Priester, irgendwann sei nun mal die Zeit des Abschieds gekommen und man müsse sich von mir trennen, da keine Einsatzorte mehr für mich da seien.
Danach verließ total platt das Büro. Bevor ich rausging, warf ich noch einen verzweifelten Blick in den langen Gang. Hela sah ich nur von hinten. Und Irene war mit ihrem Handy vollauf beschäftigt und nahm wohl nichts um sich herum wahr.
So wartete ich auf dem Springbrunnen-Platz, dass die ProWorker alle Feierabend hatten. Ich wollte noch mal versuchen, mit Hela zu reden.
„Man, es ist so furchtbar!“ dachte ich im Stillen und rauchte eine Zigarette nach der anderen.
Doch dann irgendwann riss der Springbrunnen-Platz wie ein Schleier von meinen Augen weg und ich lag von einer Sekunde zur anderen in meinem Bett. Und dann kam die Erleichterung, dass ich den ganzen Mist nur geträumt habe.
Ich befürchte nun, dieser Albtraum könne Wirklichkeit werden. Zwar nicht mit dem krassen drumherum wie im Traum.
Aber wenn ich etwas träume, dann passiert es kurz darauf. Egal ob gut oder schlecht.